Atmen mit dem Mundstück des Jackets

Hallo,

jeder Taucher sollte wissen, dass Tauchen zwar sehr sicher ist, gibt es aber Probleme, ist das wie ein geplatzter Reifen bei 180. Man muss sofort richtig reagieren, sonst wird es extrem kritisch.

Bei meinem letzten Tauchgang im Dive4Live habe ich mich deshalb mit gleich zwei interessanten Sachen beschäftigt, die im Notfall extrem hilfreich sein können. Hier meine Erfahrungen mit dem atmen aus dem Jacket.

Titelfoto: Going under © Yuri Arcurs – www.fotolia.de

Schwierig zu sagen, wie wahrscheinlich ein totaler Ausfall der ersten Stufe ist. Ich habe noch keinen echten erlebt. Mit meinem Apeks XTX100 muss ich das auch hoffentlich nie erleben. Hier aber zwei Geschichten zu solchen Ereignissen.

1. Höhlentauchen in Mexiko

Einmal hat eine etwas panischer Amerikaner beim Höhlentauchen in Mexiko das Zeichen für keine Luft gegeben, der Guide war direkt da, zehn Sekunden später hat der Typ dann wieder mit dem eigenen Gerät geatmet und den Tauchgang ganz normal beendet. Meiner Meinung nach war der Kerl einfach ein Idiot und da war nichts.

2. Divemaster in Ägypten

Einige Zeit vorher hat mir mal in Ägypten ein unglaublicher Angeber eine Geschichte erzählt. Der war Divemaster, hat aber einen 12 Liter Flasche in 30 Minuten leer gemacht. Vielleicht lag es ja genau daran, dass er gesaugt hat wie ein Düsenjäger. Hoher Durchsatz erhöht tatsächlich das Risiko, da sich die Luft in der Stufe ausdehnen soll. Dazu benötigt sie Wärme, die sie aus der Umgebung aufnimmt, die Stufe kühlt dadurch ab. Hoher Durchsatz kühlt sie stärker und durch Veränderungen der Temperatur dehnt oder schrumpft das Material, so dass es sich verklemmen könnte. Da müssen natürlich einige Faktoren zusammen kommen, aber das Risiko steigt bei hohem Durchsatz definitiv, deshalb werden auch kaltwassertaugliche Stufen gebaut, die damit besser klar kommen.

Ich denke es ist eine Kamelle gewesen, aber jedenfalls erzählte mir der Typ, er hätte einen Notaufstieg aus 40 Meter machen müssen, weil er keine Luft mehr hatte und zu weit von den anderen entfernt war. Danach wäre er in der Dekokammer gewesen und er hätte quasi nur überlebt, weil er beim Aufstieg aus seinem Jacket geatmet hat. Bei 40 Meter und dem Zug den der drauf hat müsste er sich mit dem Aufstieg tatsächlich sehr beeilt haben, so viel Luft ist im Jacket nun auch wieder nicht.

Test von mir

Nun, aus dem Jacket atmen geht tatsächlich und die Luft reicht für einen Aufstieg. Dabei gibt es aber ein paar Dinge zu beachten und das ist nichts für ungeübte. Schließlich muss man den Regulator aus dem Mund nehmen, ich habe schon Leute gesehen, denen ich alleine das schon nicht empfehlen würde. Am besten einatmen, Regulator raus, dann das Mundstück des Inflatorschlauchs in den Mund nehmen und den Auslassknopf drücken. Der Druck ist ausgeglichen und so kann man hineinatmen und dann die Luft wieder hinaussaugen. Wenn man die Luft immer wieder hineinpustet kann man das eine ganze Weile machen.

Allerdings kann das gefährlich werden. Die CO2 Konzentration in der Luft steigt natürlich an und Puls und Atemfrequenz beschleunigen sich auch irgendwann deswegen. Auch die CO2 Konzentration im Blut wird steigen. Wenn man merkt, dass die Luft sich verbraucht und die Atmung schneller wird, sollte man das abbrechen und dann auch pausieren, damit der CO2 Spiegel sich normalisieren kann. Das Jacket dann spülen um die verbrauchte Luft herauszubekommen, gleichzeitig den Inflator drücken und hinten eines der Schnellablassventile ziehen. Natürlich kann man da auch Berechnungen zu anstellen, aber der gesunde Verstand reicht meiner Meinung nach eigentlich aus. So eine Übung sollte man halt auch nicht alleine machen und nicht in 40 Metern Tiefe.

Hinweise zur Tarierung

Dann noch Hinweise zur Tarierung. Fängt man mit der Übung an, so atmet man ein, bekommt also ein klein wenig Auftrieb. Man sollte also entweder nicht voll einatmen, vorher etwas Luft aus dem Jacket ablassen, sich einfach irgendwo festhalten, oder sich darauf einrichten die Flossen zu benutzen. Atmet man dann mit dem Jacket bleibt die Tarierung unverändert, da man keine Luft ablässt. Beim Aufstieg müsste man natürlich Luft ablassen, was zunächst nicht ins Gewicht fällt, da die Luft im Jacket sich ausdehnt und so das Volumen unverändert bleibt. Je näher man der  Oberfläche kommt, desto schwieriger wird es dann aber. Auf etwa 3 Metern Tiefe hat man normalerweise fast keine Luft im Jacket und könnte so kaum atmen. Man müsste also dann viel paddeln, so würde man einen zu schnellen Aufstieg sicher vermeiden können und hätte dennoch wenigstens etwas Luft zum atmen im Jacket über. Dafür braucht man natürlich Geschick und einen Sicherheitsstopp bekommt man so nicht wirklich hin, aber wir reden ja auch von einem Notaufstieg.

Den sollte man so aus großer Tiefe aber auf keinen Fall üben, da man eben den Sicherheitsstopp nicht machen könnte. Außerdem würde man die Luft im Jacket dann schon stark verbrauchen und auch das sollte man nicht ohne Not riskieren. Wenn man einen ganzen Tauchgang mit maximal 5 Metern Tiefe dieser Übung widmet, dann könnte man den Aufstieg von dort üben. Dann sollte man aber auch vorher besser nicht am gleichen Tag schon mal tiefer als 5 Meter gewesen sein, vielleicht im Tauchgang vorher.

Training wichtig

Wenn man das ein paar Mal gemacht hat ist es sehr einfach. Sollte man wirklich mal keine Luft haben, sollte das aber erst die zweite Reaktion sein. Die erste ist der Griff zum Oktopus. Auch bei völligem Versagen der ersten Stufe ist in jedem Schlauch der zweiten Stufe noch Luft für mindestens zwei Atemzüge. Kommt dann bei Oktopus auch nicht mehr, ja dann hat man wirklich keine Luft, dann sollte man zum Inflator greifen. Es ist für kurze Zeit absolut sicher und man kann es ganz alleine und ohne Zeitverzug machen. Dann kann man immer noch ganz in Ruhe dicht an den Buddy und braucht auch nicht in Panik geraten, wenn der nicht gleich seinen Oktopus findet.

Heutige Jackets nur bedingt tauglich

Früher übrigens gab es noch gar keine Jackets mit Inflatorschlauch, die pustete man immer mit dem Mund auf. Zweite Stufen gab es natürlich schon, niemand musste aus dem Jacket atmen. Heutzutage ist der neueste Schrei Jackets, die keinen Inflatorschlauch mehr haben. Es befindet ich dann an der Hüfte ein Kasten mit einer Taste zum aufblasen und einer anderen zum Luft ablassen. Natürlich kann man auch die mit dem Mund aufblasen, aber dafür muss man einen Schlauch auch einer versteckten Tasche herausfummeln. Das wird im Ernstfall nichts geben, ich denke der ist auch nur zum Aufblasen, da keine Ventilknöpfe dran sind. Die Jackets sind auch teuer, sowohl beim Kauf als auch in  der Wartung. Dafür kann man lageunabhängig mit nur einem Knopf Luft ablassen. Hieraus ergibt sich aber wiederum, dass es keine manuell bedienbaren Schnellablassventile mehr gibt. Von diesen Jackets rate ich aus diesen Gründen ab, technische Weiterentwicklungen könnten das natürlich ändern.

Karl

,